Was Lafontaine und Sarrazin eint“ überschreibt die Rheinische Post vom 2.10.2020 ihren Artikel (den Sie hier, wenn auch nur über eine Bezahlschranke, finden: https://www.genios.de/presse-archiv/artikel/RP/20201002/was-lafontaine-und-sarrazin-eint-di/91684763.html ;Admin2) über das Treffen von Oskar Lafontaine, Thilo Sarrazin und Peter Gauweiler jüngst im Bayerischen Hof in München, wo es um die Vorstellung des neuesten Buches von Sarrazin ging. Dessen Titel „Der Staat an seinen Grenzen“ wird von der RP allerdings nur unvollständig zitiert. Den Untertitel „Über Wirkung von Einwanderung in Geschichte und Gegenwart“ hat die RP einfach unterschlagen. Es könnte ja gerade dadurch jemand zum Lesen dieses Buches animiert werden. Zusätzlich wird Sarrazin gleich zweimal als umstrittener Autor bezeichnet und rassistischer wie fremdenfeindlicher Aussagen beschuldigt.

Der Verfasser dieser Zeilen hat im Unterschied zu den meisten Kritikern Sarrazins das inkriminierte Buch gelesen und eine knappe Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen geliefert. Was Sarrazin schreibt, hat Hand und Fuß, meint er, denn dieser beruft sich auf die Geschichte, stützt sich auf UNO-Untersuchungen und zitiert in einem üppigen Apparat von Fußnoten wissenschaftlich anerkannte Autoren. So wird wohl niemand bestreiten, dass die „Einwanderung“ von Attila, Dschingis Khan, Timur-i Läng, der Mogulherrscher oder der Osmanen für die aufnehmenden Völker kein Gewinn war. Migration ist nichts grundsätzlich Positives, auch wenn unsere Oberlehrer uns das jeden Tag einschärfen. Die Ausführungen Sarrazins über Gesinnungs- versus Verantwortungsethik, über die Somewheres und die Anywheres, über die demographischen und ökonomischen Aspekte der Migration weisen ihn als klugen und unabhängigen Autor aus.

Besonders kritisch sieht er die Einwanderung vor dem Hintergrund der Bevölkerungsexplosion in Westasien und Afrika, die von unseren Gutmenschen schlicht ignoriert oder unterschlagen wird. In afrikanischen Herkunftsländern der Mehrzahl der Migranten habe sich die Bevölkerungszahl in den letzten 30 Jahren verdoppelt. Bei einer angenommenen Zuwachsrate dieses Ausmaßes für Deutschland wäre dessen Bevölkerung seit der Wiedervereinigung 1989 von 79 Millionen auf 160 Millionen Menschen gewachsen. In Afghanistan, im Jemen, im Irak und in Syrien sei die Bevölkerungszahl seit 1950 auf das Fünf- bis Sechsfache gestiegen und habe sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt.

 

Statt auf Sarrazins Befürchtungen einzugehen, polemisiert Martin Kessler, der Verfasser des RP-Artikels, kräftig gegen die AfD und ihre Positionen in der Migrationsfrage. Er fügt die AfD wegen ihres angeblich aggressiven Tons gegen alles Fremde, wegen der „Unterstellung“, dass Migranten den Sozialstaat plünderten und die kulturelle Identität der Deutschen beseitigen wollten, vor allem aber wegen einer von ihm unterstellten Geringschätzung des demokratischen Systems.

Solchen Radikalismus möchte der RP-Mann den drei Herren vom Bayerischen Hof freilich Solchen Radikalismus möchte der RP-Mann den drei Herren vom Bayerischen Hof freilich nicht anhängen. Bekanntlich kommt es immer darauf an, wer was sagt. Das ist wie beim Fell der Fische. Spricht die Kanzlerin: Fische haben kein Fell, dann ist das eine sachlich wie moralisch unstrittige Feststellung. Sollte sie aber sagen: Fische haben ein Fell, ist auch das zutreffend, denn sie ist ja die überlegene Instanz. Sollte dagegen jemand von der AfD behaupten, dass Fische kein Fell haben, so ist das falsch, vermutlich sogar rassistisch und rechtsextrem. Merke: Für die Zulässigkeit eines Urteils zählt allein die Macht und die richtige Ideologie wie zu Zeiten von Giordano Bruno und Galileo Galilei. Wahr und richtig, zumal in rebus politicis, hängt seit je her vom politischen Gewicht und vom moralischen Anspruch der Herrschenden ab. Da hat Thilo Sarrazin ganz schlechte Karten – wie die AfD.

 

Adolf Frerk, Geldern

(Einzelmeinung)

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